Mit dem Nachtzug nach Belgien
Wieso Belgien? Wir kannten es gar nicht. Oder zu mindest fast nicht. Und 2023 hat das junge Unternehmen Europeansleeper angekündigt, mit einem Nachtzug von Prag über Dresden, Berlin, Amsterdam nach Brüssel zu fahren. 2023 hat man es nicht ganz geschafft und ist erst in Berlin gestartet. Aber seit Ende März 2024 fahren sie 3 Mal die Woche zwischen Prag und Brüssel.
Das wollten wir natürlich ausprobieren, weil was ist praktischer, als abends in Dresden einzusteigen und morgens am Urlaubsort anzukommen?
Und so hab ich am 10.01.2024 für den 20.06.2024 mit 20 % Frühbucherrabatt zwei Schlagwagen-Abteile für insgesamt 4 Personen (2 Erwachsene, 2 Kinder) gebucht. Zum „günstigen“ Gesamtpreis von 652,80 €. Schon ganz schön krass. im Liegewagen wäre es deutlich günstiger gewesen. Aber die Berichte (kaum Toiletten, keine Steckdosen) aus der Anfangsphase des Europeansleepers hatten uns doch abgeschreckt. Mittlerweile sollen diese Kinderkrankheiten aber behoben zu sein und komfortablere Liegewagen im Einsatz sein. Getestet haben wir diese nicht.
Wir sind stattdessen im wohl einzigen Schlafwagen im Zug gereist. Fast pünktlich los und pünktlich in Antwerpen angekommen. Der Schlafwagen selbst ist ein recht altes Modell. Aber soweit in Ordnung. Es passen bis zu 3 Personen ins Abteil. Zwischen unseren Abteile konnte die Verbindungstür geöffnet werden, was super war. Insgesamt war es dann ein recht großzügiges „Hotelzimmer“ auf Rädern. Mit zwei Waschbecken aber ohne Toilette und Bad.
Eine Toilette war ganz in der Nähe am Ende des Wagens. Die war… naja, schon sehr alt mit schwergängiger Tür. Nebenan war aber gleich die Toilette des Liegewagens. Und die war unkompliziert zu bedienen.
Als Begrüßung konnte man sich ein Getränk aussuchen. Zum Frühstück gab es eine fertig gepackte Frühstücksbox. Dazu ein Heißgetränk nach Wahl und ein weiches, belgisches Brötchen. Nicht edel, sehr mülllastig, aber ok für uns.



Zwischenstopp 1 – Gent
In Antwerpen blieben wir nur wenige Stunden und sind dann mit dem IC weiter nach Gent gefahren. Vorher hatte ich eigentlich Fahrkarten und Plätze buchen wollen, aber das geht im Binnenverkehr in Belgien gar nicht. Bei unseren wenigen Fahrten war dann aber auch klar, dass das gar nicht notwendig ist. Es war Platz genug, hatte eher den Charme von Regionalverkehr. Aber Belgien ist ja auch nicht riesig.
So sind wir einfach in den nächsten IC nach Gent, haben am Automat sehr schnell zwei Tickets für die Erwachsenen gekauft. Kinder bis 12 fahren kostenfrei mit. Man muss sie auch nicht, wie bei der Deutschen Bahn, auf die Fahrkarte eintragen lassen. Das war super.
Unterkunft in Gent
Untergebracht waren wir in der Jugendherberge in Gent. Leider hatten wir bei der Buchung im Januar schon kein Familienzimmer mehr bekommen und haben uns wie im Schlafwagen auf zwei Doppelzimmer aufgeteilt. Eingebaut ist die JH in mehreren historischen Häusern.
Nahverkehr in Gent
In Gent fahren Busse und Straßenbahnen. Auf Busse haben wir keine Lust, wenn es auch ne Straßenbahn gibt. Aber was gibt’s für Fahrkarten? Das war zunächst knifflig, weil ungewohnt. So gibt es bei „De Lijn“ Einzel- und 10-Fahrtenkarten sowie Tages- und Dreitageskarten. Rabatte für Kinder gibt es nur auf die Tageskarten, die bekommt man aber nicht in der App.
Schließlich hab ich vier Dreitageskarten an der Verkaufsstelle am Busbahnhof für 2 Erwachsene und 2 Kinder für insgesamt 46 €. Am Ende war das völliger Unsinn, weil wir fast alles zu Fuß gemacht haben und wir mit der 10er-Karte viel günstiger gefahren werden.
Als Fahrkarte bekommt man einen „Papierfahrschein“, der aber eine RFID-Karte ist. Die muss man bei jedem (!) Einsteigen an das Lesegerät halten. Egal, ob man ne Einzel- oder Tageskarte hat. Und danach ist das Ding Müll. Besonders umweltfreundlich ist das wohl nicht.
Die Nordsee auf belgisch – De Panne
Nach drei Tagen Gent sind wir eine Woche nach „De Panne“ an die Nordsee. Mit dem Zug kein Problem. In knapp 2 Stunden ist man mit dem IC von Gent nach De Panne gefahren (stündlich). Die Züge sind nicht reservierbar. Braucht man wohl im nationalen Verkehr nicht. Der Komfort ist dann aber auch eher ein guter Regional-Express. Kinder reisen übrigens bis 12 Jahre kostenlos mit und müssen auch nicht auf der Fahrkarte eingetragen werden. Schön einfach.
In De Panne (station) hat man direkt Anschluss an die Küstenstraßenbahn. Die brauchten wir aber nur für das Stückchen in die Stadtmitte. Mehr Nahverkehr brauchten wir dann nicht. Von der Unterkunft zum Strand und zum Supermarkt konnten wir alles prima zu Fuß erledigen.



Unterkunft in De Panne
Wir hatten über Booking.com eine Ferienwohnung gebucht. In einem historischen Gebäude in „dritter Reihe“. Hat uns gut gefallen. Waren nur ein paar Meter von der Straßenbahn und vom Strand. Und auch zum Supermarkt war das gut zu machen.
Lustig ist das Müllentsorgungssystem. Es gibt zentrale Container-Standorte für Kunststoff-Müll, Glas (weiß und farbig) sowie Restmüll. Für Restmüll muss man aber eine Guthabenkarte haben oder in einer App mindestens 15 € aufladen. Das war mir zu komisch und Restmüll hatten wir ja zum Glück fast nix. Und das wenige landete dann im … Restmüll der öffentlichen Mülleimer.
Nahverkehr an der Küste
Wie in Gent ist hier „De Lijn“ für den Nahverkehr zuständig. Es gibt sogar eine Straßenbahn von De Panne Station der gesamte Küste entlang bis Knokke. So weit sind wir nicht gefahren. Immerhin mal bis Nieuwpoort (ca. 1/5 der Strecke). Die Fahrkarten sind hier die selben, wie in Gent. Aber dieses Mal sind wir konsequent bei der 10er-Karte geblieben. D.h. beim Einsteigen für uns 4x Entwerten. Auch beim Umsteigen bzw. Zurückfahren. Automatisch wird dann erkannt, ob eine neue Fahrt beginnt oder die laufende Fahrt (60 Minuten) fortgesetzt wird. Mit der 10er-Karte kostete uns eine Fahrt dann 6,8 € (4 x 1,7 €). Mit Einzelfahrten wären es 10 € (4 x 2,5 €) gewesen.
Nur am Abreisetag haben wir dann vier Einzelfahrkarten genommen um von De Panne Zentrum zurück zum Bahnhof zu kommen. Hier hab ich dann beim Einsteigen vier Mal meine Kreditkarten an ein anderes Lesegerät gehalten. Dann wurden in Summe 10 € abgebucht.
Naja. Nicht toll, hat aber funktioniert.
Es gab an fast allen Stationen Fahrkarten-Automaten, die ziemlich leicht zu bedienen waren. Alternativ hatte ich die Kreditkarte in der App registriert. Hier hätte man auch Einzel- und 10er Karten kaufen können. Aber z.B. keine ermäßigten Tageskarten.
Stopp Hauptstadt – Brüssel
Nahverkehr in Brüssel
Mit den Fahrkarten hab ich mich vorher länger auseinandergesetzt. In Brüssel ist das System nicht so komfortabel, wie im flämischen. Auch hier gibt es Einzel-, 10-Fahrtenkarten und Tagestickets. Aber man kann die 10er-Karte nur für sich selbst nehmen und nicht für andere (auch Kinder) entwerten. Für Kinder gibt es _gar nichts_, außer dass sie ab 6 Jahren zahlen müssen.
Theoretisch könnte man einen Freifahrschein für Kinder bekommen, aber dazu muss man sich eine Mobi-Karte für 6 € kaufen, ein Passbild mitbringen und mit der passenden ID in ein Kundencenter stiefeln. Das haben wir nicht ernsthaft erwogen für 2 Tage in Brüssel.
Auch auf die Kreditkarte, die als Fahrschein funktioniert und auch eine „Bestpreis“-Garantie hat (es wird maximal eine Tageskarte abgebucht) kann man in Brüssel nur sich selbst nehmen.
Papierfahrscheine gibt es am Automaten und sind aber teurer als die digitalen Varianten oder der „Kreditkartenfahrschein“. Wir haben das dann so gelöst, dass wir zwei Fahrkarten auf Papier für die Kinder (Einzel- bzw. Tageskarten) und zwei Kreditkartenfahrscheine gewählt haben. Die Kinder haben also schlussendlich mehr bezahlt als die Erwachsenen. Komisches System und wirklich nicht empfehlenswert. Keine Ahnung, warum Kinder in Brüssel nicht vorkommen.
Unterkunft in Brüssel
Auch in Brüssel sind wir in der Jugendherberge gewesen und zwar in der JH Jacques Brel. Dieses Mal in einem Familienzimmer. Im Bistro konnte man Fußball schauen, was den diensthabenden Mitarbeiter eher genervt hat. Nebenan gab es noch ein Spiel-Raum mit Tisch-Tennisplatte und Air-Hockey. Das war unkompliziert und nur das Air-Hockey kostete extra (1 €). Ansonsten unspektakulär, das Frühstück war nicht grandios aber ausreichend.
Stopp Rückfahrt – Köln
Die Rückfahrt haben wir dann tagsüber über Köln gemacht und waren dann noch zwei Nächte in Köln. Untergebracht waren wir in der Jugendherberge Köln-Riehl. Auch hier konnte man Fußball schauen. Es war immerhin das EM Viertelfinale 2024 mit Deutschland gegen Spanien.
Beim Nahverkehr war’s wieder einfacher für uns. Die Erwachsenen waren mit Deutschlandticket versorgt, das Vorschulkind fuhr gratis und nur das Schulkind musste zahlen.
Zurück ging es dann mit dem ICE nach Frankfurt und weiter mit dem ICE nach Dresden. Klassisch also.